Die
neue spanische Rechtsform der Sociedad Limitada Nueva Empresa (SLNE) ist ebenfalls durch eine geringe gesetzlich notwendige Kapitalausstattung und niedrigen Gründungs- und Verwaltungsaufwand als Alternative zur deutschen GmbH in Erscheinung getreten. Zudem ist die Rechtsform der SLNE ausdrücklich für kleine und mittelständische Unternehmen geschaffen worden. Neben dem elektronischen Gründungsdokument („DÚE“) überzeugt bei der SLNE vor allem die vereinfachte Buchführung, welche lediglich die grundsätzlichen buchhalterischen Pflichten nach dem Handelsgesetzbuch erfüllen muss. Diese sind vergleichbar zu den deutschen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (GoB, vgl. §§ 238 ff. HGB) und sehen u.a. richtige, zeitgerechte und geordnete Aufzeichnungen der Geschäfte sowie eine
Finanzbuchhaltung zur Steuerermittlung vor. Zur vereinfachten Erledigung dieser Pflichten sieht die SLNE ein einziges standardisiertes Geschäftsbuch (Diarium, „registro único“) vor, aus dem sämtliche Buchungsposten unmittelbar in die Position der verkürzten Jahresbilanz übernommen werden können. Ebenfalls zur Vereinfachung soll das standardisierte Namensrecht einer SLNE beitragen. Der Firmenname einer SLNE muss sich aus dem Namen und Vornamen
des Gesellschaftsgründers und einem alphanumerischen Code zusammensetzen. Abstrakte Firmennamen sind demnach nicht möglich, was einen Nachteil für gewisse Branchen (z. B. Werbeagenturen) darstellt. Rechtlich gesehen ist die SLNE eine Unterform der SL (Sociedad de Responsabilidad Limitada) und besitzt daher keine gesonderten Haftungsregelungen. Vielmehr gelten die gleichen Tatbestände wie bei der SL, die im Ley de Sociedades de Responsabilidad Limitada (LSRL)
geregelt sind. Dieses wurde 1953 eingeführt und basiert auf dem deutschen GmbHG. Demzufolge findet auch heute noch eine Orientierung an der deutschen Rechtsprechung und Rechtswissenschaft statt, was zur Folge hat, dass im spanischen Recht sämtliche deutsche Tatbestandsmerkmale (vgl. Abb. 6 S. 58) bekannt sind. So ist auch der Begriff einer Durchgriffshaftung i. e. S. („levantamiento de velo“) bei Vermögensvermischung („confusión de patrimonios“), Unterkapitalisierung
(infracapitalización“) oder Bestandsgefährdung („fraude de ley“) bekannt und ähnlich umstritten wie in Deutschland (vgl. Kapitel 2.2.3.) Direkte Kapitalerhaltungsvorschriften bestehen nach spanischem Recht hingegen nicht. Eine Haftung wegen Unterkapitalisierung kann sich nach herrschender Meinung jedoch ergeben, wenn eine Gesellschaft nicht über genügend Mittel verfügt, um den in der Satzung festgelegten Unternehmensgegenstand verwirklichen zu können. Ähnlich wie bei der französischen SARL/EURL besteht
somit auch bei der SLNE der Vorteil, dass die derzeit bei der Verwendung ausländischer Rechtsformen für die Existenzgründung in Deutschland bestehende Rechtsunsicherheit durch die Nähe des spanischen Gesellschaftsrechts zum deutschen Recht verringert wird. Insgesamt stellt die SLNE daher sowohl aufgrund ihres geringen Mindeststammkapitals als auch aufgrund ihrer einfachen Gründung und Verwaltung eine außerordentlich interessantere Alternative zur deutschen GmbH dar. |