In der Höhe des Kaufpreises liegt häufig ein Grund für Differenzen zwischen dem Altinhaber und dem Unternehmensnachfolger. Die Ermittlung des Unternehmenswertes ist daher ein ganz entscheidender
Punkt der Unternehmensnachfolge. Den absolut richtigen Unternehmenswert gibt es nicht. In der Regel ist der Kaufpreis das Ergebnis längerer, häufig zäher Verhandlungen zwischen Verkäufer und Käufer. Der Existenzgründer ist bestrebt, einen möglichst geringen Kaufpreis zu zahlen. Der Unternehmer dagegen überschätzt häufig den Wert seines Unternehmens. Das ist nachvollziehbar und verständlich, da er in das Unternehmen viele Jahre der Mühe und Arbeit eingebracht hat. Allerdings
führt die Wertüberschätzung zu einer doppelten Gefahr für das Unternehmen. Einmal wird es schwierig sein, einen Nachfolger zu finden, der bereit und in der Lage ist, den hohen Kaufpreis zu zahlen. Zum anderen besteht die Gefahr, dass sich der Existenzgründer bei einem überhöhten Kaufpreis und den damit verbundenen Finanzierungskosten wirtschaftlich übernimmt bzw. die Kapitaldienstfähigkeit des Unternehmens überschritten wird.
Damit wäre der Bestand des Unternehmens in Gefahr. In die Verkaufsverhandlungen fließen neben den objektiven Kriterien auch die subjektiven Wertvorstellungen der Vertragsparteien mit ein. Bei der Kaufpreisermittlung spielen somit nicht nur der Unternehmenswert bzw. die betrieblichen Faktoren eine wichtige Rolle, sondern auch außerbetriebliche Faktoren wie - Alter des Veräußerers und des Erwerbers,
- finanzielle Lage des Veräußerers und des Erwerbers,
- Risikobereitschaft des Erwerbers und
- alternative Angebote.
Die Methoden und Parameter zur Ermittlung des Unternehmenswertes Für die Unternehmensbewertung gibt es mehrere Methoden. Zwei grundsätzlich zu unterscheidende Ansätze der Unternehmensbewertung sind das Ertragswertverfahren und das Substanzwertverfahren. Daneben existieren eine Vielzahl von Methoden, die beide Verfahren kombinieren. Nach heute herrschender Meinung stellt das Ertragswertverfahren unter finanziellen Zielsetzungen die theoretisch richtige Unternehmensbewertungsmethode dar. Dies ist darin begründet, dass ein Unternehmenskäufer keinen Preis zahlen wird, bei dem sich der investierte Kaufpreis nicht genügend verzinst. Die Ertragskraft und damit Kapitaldienstfähigkeit einer Unternehmung ist im
Zuge der Unternehmensnachfolge von entscheidender Bedeutung, muss der Nachfolger aus den Erträgen nicht nur die im Unternehmen erforderlichen Investitionen, sondern auch seine Zins- und Tilgungszahlungen aus dem Kauf der Unternehmung finanzieren. Für die Unternehmensnachfolge ist die Ertragskraft somit von größerer Bedeutung als die absolute Höhe des Kaufpreises, denn nur eine entsprechende Verzinsung des Kaufpreises in Form von Unternehmensgewinnen bietet die Sicherheit einer nachhaltigen Bedienung des zur Kaufpreisfinanzierung anfallenden Kapitaldienstes. Der Substanzwert sollte lediglich als ein Hilfswert angesehen werden, der Sicherheit nur in Form von Liquidationswerten, d. h. Veräußerungserlösen sämtlicher Vermögenswerte zu aktuellen Marktpreisen, bietet. Eine Garantie für zukünftige Erträge bietet der Substanzwert nicht. Vorbereitung Vor der eigentlichen Bewertung des Unternehmens sollte
eine umfassende Analyse sämtlicher Aspekte des Unternehmens durchgeführt werden. Dabei ist größtes Augenmerk nicht auf die in der Vergangenheit erzielten Zahlen und Daten, sondern auf eine intensive Analyse des zukünftigen Umsatz-, Kosten-, Investitions- und Ergebnispotenzials zu richten. Für das Erstellen einer detaillierten Unternehmensprognose
sind unterschiedlichste Kenntnisse erforderlich. Um Ihnen eine Übersicht über die wichtigsten Fragen zu geben, sind einige nachfolgend beispielhaft aufgeführt. Der Zeitraum für eine aussagefähige Unternehmensprognose sollte möglichst 10 Jahre umfassen. Branche - Absolute Größe und Wachstumsrate
Wettbewerber - Wer und wie stark sind die Wettbewerber?
- Welche Konkurrenzprodukte existieren und welche Marktanteile halten diese?
Eigene Produkte/Leistungen - Wo stehen die eigenen Produkte/Leistungen in Bezug auf Qualität, Kundennutzen und Marktanteil?
- Befinden sich neue Produkte/Leistungen in der Entwicklung? In welchem Stadium befinden sich diese Entwicklungen?
- Welche Investitionen sind bis zur Markteinführung
der neuen Produkte/Leistungen noch zu erbringen?
Kunden - Welche Kundenstruktur besteht im Hinblick auf Dauer, Umsatzhöhe, Abnahme-/Lieferverträge?
- Wie hoch sind Kundenzufriedenheit und Kundennutzen?
- Gibt es zusätzliches Umsatzpotenzial mit vorhandenen Kunden?
- Wie groß ist das Neukundenpotenzial?
- Welche Gewinne sind in die Produkte bzw. Leistungen einkalkuliert?
- Werden die kalkulierten Gewinne von den Kunden
akzeptiert?
- Sind die Kunden eher preis- oder qualitätssensitiv?
Personal - Wie hoch sind die Qualifikation, die Motivation und das Entlohnungsniveau?
- Identifizieren sich die Mitarbeiter mit dem
Unternehmen?
Anlagevermögen/Inventar - In welchem Zustand befindet sich das Unternehmen mit Anlagen, Maschinen, Geräten, Ausstattungen?
- Sind kurzfristige Investitionen erforderlich? In welcher Höhe?
Bitte beachten Sie, dass diese Aufzählung weder den Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, noch für alle Unternehmen in gleicher Weise zu handhaben ist. Ziel der Unternehmensprognose ist die Ermittlung des Einnahmenüberschusses, d. h. des Cash-Flows, der letztlich in Form einer Ausschüttung an den Unternehmenskäufer zurückfließt und die Verzinsung
seines in das Unternehmen investierten Kapitals darstellt. Hinweis: Die Unternehmensanalyse und Prognose des Unternehmenspotenzials ist die wichtigste und zugleich schwierigste Aufgabe bei der Unternehmensbewertung. Suchen Sie daher für diese wichtige Aufgabe externen Rat, und ziehen Sie sachkundige Berater hinzu. Kapitalisierungszinsfuß
Neben dem Ertragswert spielt der Kapitalisierungszinsfuß die zentrale Rolle bei der Unternehmensbewertung. Mit dem Kapitalisierungszinsfuß werden die zukünftig zu erwartenden Gewinne auf den Tag der Übernahme abgezinst. Dabei ist die Höhe des Kapitalisierungszinsfußes von ebenso großer Bedeutung wie die Höhe des abzuzinsenden Ertrages selbst. Ein Beispiel: Ein Kapitalisierungszinsfuß von 8 % ergibt einen um 25 % höheren Barwert (Unternehmenswert) als ein Kapitalisierungszinsfuß von 10 %. Die Frage des "richtigen" Kapitalisierungszinsfußes ist somit gleichbedeutend mit der Frage nach dem "richtigen" zukünftigen Gewinn. Der Kapitalisierungszinsfuß besteht in der Praxis zumeist aus zwei Komponenten, einem Basiszinssatz, der die
Verzinsung einer alternativen Kapitalanlage z. B. in sicheren Staatsanleihen darstellt, und einem Risikoaufschlag für das Unternehmerrisiko. Die Summe beider Prozentsätze ergibt den Kapitalisierungszinsfuß. Ertragswertmethode (DCF-Methode) Das Ertragswertverfahren, auch Discounted-Cash-Flow
-Methode genannt, basiert auf der Überlegung, dass der Unternehmenswert auf Grundlage der zukünftigen Einnahmeüberschüsse und nicht auf Basis der vorhandenen Unternehmenssubstanz ermittelt wird. Zu diesen Einnahmeüberschüssen zählen auch verdeckte Gewinnausschüttungen. Um den unterschiedlichen zeitlichen Anfall dieser Einnahmeüberschüsse zu berücksichtigen, werden sie auf
einen einheitlichen Bezugspunkt - meist den Zeitpunkt der Übernahme - abgezinst. Die Summe aller auf diesen Übernahmestichtag abgezinsten Einnahmeüberschüsse nennt man Ertragswert. Er entspricht dem Unternehmenswert. Zur Berechnung des Unternehmenswertes nach der Ertragswertmethode steht das Verfahren - auf Basis einer Ewigen Rente oder
- das Staffelverfahren zur Verfügung.
Beim Ertragswertverfahren auf Basis einer Ewigen Rente wird unterstellt, dass die Jahresüberschüsse in der Zukunft unbefristet zu erwarten sind. Der Barwert dieser unbefristeten Gewinne stellt den Unternehmenswert bzw. den Kaufpreis dar. Bei der Ertragswertmethode nach dem Staffelverfahren werden die in der Zukunft zu erwartenden Gewinne zeitlich befristet und mit unterschiedlichen Kapitalisierungszinssätzen abgezinst. Ein Beispiel: Im 1. bis 6. Jahr mit einem Kapitalisierungszinsfuß von 9,0 % und im 7. bis 10. Jahr 12,5 %. Durch diese Staffelung wird einerseits eine Befristung der Kapitalisierung der zu erwartenden Unternehmenserträge erreicht, was der betrieblichen Praxis weitaus besser entspricht, als die wenig realistische Annahme zeitlich unbefristet zu erzielender Erträge; zum anderen wird der Tatsache Rechnung getragen, dass weiter in der Zukunft zu erwartende Erträge mit einem höheren Risiko behaftet und
deshalb mit einem entsprechend höheren Kapitalisierungszinsfuß abzuzinsen sind. Der Unternehmenswert soll nachfolgend unter Anwendung beider Verfahren beispielhaft berechnet werden. Der Gewinn eines Unternehmens wird ermittelt und der Unternehmerlohn hiervon abgesetzt. Erwirtschaftet etwa ein
Handwerksbetrieb einen Gewinn in Höhe von D€ 180.000, und beträgt der davon abzuziehende Unternehmerlohn € 80.000,-, so liegt der Ertrag des Unternehmens bei € 100.000,-. Dieser Ertrag von € 100.000,- wird nach dem Verfahren der Ewigen Rente zu 9 % kapitalisiert. Als Unternehmenswert errechnet sich dann: 100.000 : 9 x 100 = € 1.111.111.-
Für die Berechnung nach dem Staffelverfahren ergibt sich dagegen ein Unternehmenswert von 749.156,- €. Aus diesem Beispiel wird deutlich, welch enormer Kaufpreisunterschied durch die Verwendung unterschiedlicher Kapitalisierungszinssätze bzw. einer zeitlichen Befristung der Abzinsung entsteht. Es sollte
daher für jeden Unternehmensnachfolger erklärtes Ziel sein, unter allen Umständen eine zeitliche Befristung der Gewinnkapitalisierung durchzusetzen, da eine Unternehmensbewertung auf Basis einer Ewigen Rente stets zu deutlich höheren Kaufpreisforderungen seitens des Verkäufers führt. Substanzwertverfahren Der Substanzwert wird ermittelt als Summe der im
Unternehmen vorhandenen Vermögensgegenstände abzüglich der Schulden. Dabei wird betriebsnotwendiges Vermögen mit den Wiederbeschaffungskosten bewertet und nicht betriebsnotwendiges Vermögen mit dem zu erzielenden Veräußerungspreis. Der Wert für die Substanz des Unternehmens, wie Immobilien, Maschinen, Geräte, Einrichtungen, Fahrzeuge und Warenlager, ist nicht der Bilanz zu entnehmen.
Maßgeblich ist nur der Marktwert. Zur Ermittlung des Substanzwertes ziehen Sie am besten einen Sachverständigen hinzu. Die Differenz zwischen dem Substanzwert und der Kaufpreisforderung ist der Wert, den Sie für die Marktstellung des Betriebes, wie Ansehen des Unternehmens in der Öffentlichkeit, Kunden- und Lieferantenbeziehungen usw., als Veräußerer erhalten bzw. als Käufer bezahlen sollen (imaginärer Firmenwert). Kombinationsverfahren Kombinationsverfahren basieren auf der Grundüberlegung, dass zwar der Ertragswert den eigentlichen Unternehmenswert darstellt, dass jedoch seine Ermittlung in der Praxis mit sehr großen Unsicherheiten behaftet ist, so dass die vorhandene Unternehmenssubstanz in die Bewertung einzubeziehen ist. Solche Kombinationsverfahren
sind z. B. die Übergewinnmethode und das Stuttgarter Verfahren. Übergewinnmethode Die Übergewinnmethode ermittelt zunächst eine Nominalverzinsung auf den im Unternehmen gebundenen Substanzwert nach Wiederbeschaffungswerten. Das betriebsnotwendige Vermögen muss eine Kapitalverzinsung
ähnlich einer alternativen Investition erzielen. Diese Nominalverzinsung wird vom Jahresüberschuss in Abzug gebracht. Nur dieser über die Nominalverzinsung hinausgehende Jahresüberschuss (Übergewinn) wird als zukünftiger Ertrag kapitalisiert. Auch bei der Übergewinnmethode ist eine unbefristete Kapitalisierung zu vermeiden. Aus dem vorgenannten Beispiel werden der Ertragswert von
€ 100.000,- sowie die Kapitalisierungszinssätze der Jahre 1 bis 10 übernommen. Als Substanzwert wird ein Betrag von € 500.000,- angesetzt, die Nominalverzinsung auf den Substanzwert beträgt 6 %. Der Unternehmenswert errechnet sich daraus wie folgt. Die Nominalverzinsung auf den Substanzwert beträgt 30.000,- € pro Jahr. Der zu kapitalisierende Ertragswert
beträgt somit nur 70.000,- €. Nach dem Staffelverfahren errechnet sich ein Unternehmenswert von 524.409,- €. Die Berechnung des Kaufpreises nach der Übergewinnmethode macht deutlich, dass ein Unternehmensnachfolger im Falle der Ertragswertmethode auf Basis der Ewigen Rente einen mehr als doppelt so hohen Kaufpreis wie bei einer Berechnung nach der
Übergewinnmethode zu zahlen hätte. Die Kenntnis der einzelnen Bewertungsverfahren und der darin einfließenden Bewertungsparameter ist daher von essenzieller Bedeutung sowohl für die Vorbereitung von Verkauf-/Kaufverhandlungen als auch für die Ausarbeitung von detaillierten Finanzierungskonzepten. Die Übergewinnmethode ist zudem ein wirksames Verfahren zur Bewertung von Unternehmen mit hohen
Substanzwerten und nur geringen Erträgen, da die Nominalverzinsung auf einen hohen Substanzwert vom Jahresüberschuss abgezogen wird und die Berechnung somit zu einem geringeren Ertragswert führt. Nur dieser verminderte Ertragswert wird dann in die Unternehmensbewertung übernommen. Stuttgarter Verfahren Das Stuttgarter Verfahren ist stärker substanz- als
ertragswertorientiert. Außerdem werden im Stuttgarter Verfahren die beiden am schwierigsten zu bestimmenden Vorgaben zur Unternehmensbewertung pauschaliert. So wird - der Kapitalisierungszinsfuß auf 9 % festgelegt, und es wird
- die Dauer der Kapitalisierung auf 5 Jahre befristet.
Wegen der in fernerer Zukunft abnehmenden Prognostizierbarkeit der Unternehmensgewinne werden diese aus dem Durchschnitt der vergangenen drei Geschäftsjahre errechnet. (Dies führt häufig dazu, dass Verkäufer zur Steigerung des Unternehmenswertes die Jahresüberschüsse der vergangenen drei Geschäftsjahre in die Höhe zu schrauben versuchen. Dem Käufer ist daher zu
empfehlen, auch Bilanzen einzusehen, die länger als drei Geschäftsjahre zurückreichen.) Abschließend wird noch der Unternehmenswert nach dem Stuttgarter Verfahren errechnet: Dabei werden die Vorgaben des Ertragswertes mit 100.000,- € sowie des Substanzwertes mit 500.000,- € aus der Übergewinnmethode übernommen. Die übrigen Parameter wie Kapitalisierungszinsfuß sowie Dauer der Kapitalisierung
sind im Stuttgarter Verfahren bereits vorgegeben. Unter Anwendung des Stuttgarter Verfahrens errechnet sich ein Unternehmenswert in Höhe von 527.000,- €. Aufgrund der Vereinfachungen wichtiger Parameter in der ansonsten komplizierten Unternehmensbewertung wird das Stuttgarter Verfahren oftmals dann als alternatives Verfahren
herangezogen, wenn sich die Parteien auf keine andere Bewertungsmethode einigen konnten. Die vorgenannten Verfahren zur Unternehmensbewertung weisen erhebliche Unterschiede in der Höhe des errechneten Unternehmenswertes auf. Ein Unternehmenskauf bzw. -verkauf sollte deshalb nicht ohne die Mitwirkung eines erfahrenen Beraters erfolgen. |