fabiantietz schreibt "Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in einem Beschluss vom 12.07.2011 eine interessante Entscheidung (12.7.2011 - I-3 Wx 75/11) im Hinblick auf die Gründung einer GmbH im vereinfachten Verfahren nach dem Musterprotokoll gemäß § 2 Abs. 1a GmbHG getroffen. Darin weist es darauf hin, dass unzulässige Abweichungen vom Musterprotokoll zur Gründung einer „normalen“ GmbH führen, für die die Gründungserleichterungen nicht greifen. Unter I. finden Sie eine Zusammenfassung des Falles, II. beleuchtet den Hintergrund zum Musterprotokoll und unter III. finden sich spannende Hinweise für Gründer. I. Der Fall Eine Gesellschaft sollte im vereinfachten Verfahren gegründet werden. In der notariellen Gründungsurkunde vom 11. Januar 2011 heißt hierzu: "1. Der Erschienene errichtet hiermit nach §§ 2 Abs. 1 a, 5 a GmbHG eine Einpersonen-Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) unter der Firma M. (haftungsbeschränkt) mit dem Sitz in Moers. (…) 4. Zum Geschäftsführer der Gesellschaft wird Herr A bestellt. Der Geschäftsführer ist von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches befreit." Die notariell beglaubigte Anmeldung der Gesellschaft durch den bestellten Geschäftsführer lautet u.a.: 1. Vertretungsbefugnis: Die Gesellschaft hat nur einen Geschäftsführer, der die Gesellschaft alleine vertritt. Der Geschäftsführer ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Der Umfang der Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers ist gegenüber Dritten unbeschränkt. 2. Geschäftsführer der Gesellschaft: Zum Geschäftsführer wurde bestellt: Herr A" Hieraufhin beanstandete das Registergericht sowohl den Inhalt der Gründungsurkunde als auch die Anmeldung selbst. Denn das gesetzlich vorgegebene Musterprotokoll sei in unzulässiger Weise nicht eingehalten worden. Die Gesellschaft erhob gegen die Zwischenverfügung Beschwerde, welcher nicht abgeholfen wurde. Hieraufhin landete die Angelegenheit beim OLG Düsseldorf. Das OLG Düsseldorf gab dem Registergericht Recht und begründete seine Entscheidung wie folgt: 1. Der erste Fehler bei der Gründung sei in den vom Musterprotokoll abweichenden Vertretungsregelungen zu sehen. Die Registeranmeldung weise bei einer Gründung im vereinfachten Verfahren gegenüber einer Anmeldung im "Normalverfahren" keine Besonderheiten auf. Im Anschluss an eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart hat sich in der obergerichtlichen Rechtsprechung der Standpunkt durchgesetzt, das Musterprotokoll enthalte keine allgemeine Vertretungsregelung, sondern nur die besondere Vertretungsbefugnis des bei der Gründung bestellten Geschäftsführers. Dieser Ansicht in der Rechtsprechung werde nur eine Registeranmeldung gerecht, die in einem allgemeinen Teil vorsieht, die Gesellschaft habe einen oder mehrere Geschäftsführer, sei nur ein Geschäftsführer bestellt, vertrete dieser die Gesellschaft allein, seien mehrere Geschäftsführer bestellt, so verträten diese die Gesellschaft gemeinschaftlich, sowie konkret mitteilt, wer zum ersten Geschäftsführer bestellt worden und dass dieser von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit sei. Indem in der Gründungsurkunde somit davon die Rede ist, dass die Gesellschaft nur einen Geschäftsführer habe, weiche dies von dieser Vorgabe unzulässig ab. 2. Als zweiten Gründungsfehler rügte das OLG Düsseldorf die weiteren Abweichungen vom Musterprotokoll in Bezug auf die zu gründende Gesellschaft. Als Leitsatz dieser Entscheidung legte das OLG Düsseldorf nunmehr fest, dass sofern das Musterprotokoll entgegen § 2 Abs. 1a Satz 3 GmbHG Abänderungen und Ergänzungen erfahre, dies im Ergebnis zu einer "normalen" GmbH-Gründung führe, für welche die Erleichterungen im Sinne des § 2 Abs. 1 a GmbHG nicht gelten. Grundsätzlich seien Änderungen und Ergänzungen des Musterprotokolls, die durch das Beurkundungsgesetz geboten sind, zwar zulässig. Auch stellten völlig unbedeutende Abwandlungen bei Zeichensetzung, Satzstellung und Wortwahl, die keinerlei Auswirkungen auf den Inhalt haben, keine unzulässigen Änderungen und Ergänzungen des Musterprotokolls dar. Nach Ansicht des OLG Düsseldorf läge ein solcher Fall jedoch hier nicht vor. Vielmehr stehe die beanstandete Änderung, mit Hilfe derer die gesetzliche Formulierung "Gesellschaft mit beschränkter Haftung" in "Einpersonen-Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)" umgewandelt wurde, nicht an der dafür vorgesehenen Aussparung des Musterprotokolls, sondern in Ziffer 1. dieser Erklärungen selbst. Eine derartige Änderung des Musterprotokolles sei nach dem Beurkundungsgesetz jedoch nicht erforderlich. Sie ist auch nicht rein äußerlich-formaler Art, sondern hat Auswirkungen auf den Inhalt. Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) ist keine eigenständige Rechtsform, sondern lediglich eine Sonderform der GmbH. Der Gesetzgeber wollte das vereinfachte Verfahren nach § 2 Abs. 1 a GmbHG für jede Form der GmbH zur Verfügung stellen – mag sich seine Anwendung auch faktisch auf die haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft konzentrieren – und hielt hierfür den im Musterprotokoll niedergelegten Text, in welchem dementsprechend allein § 2 Abs. 1 a GmbHG (betrifft das Musterprotokoll), nicht § 5 a GmbHG (betrifft die Unternehmergesellschaft) zitiert wird, für sachgerecht. Dies ist auch ohne weiteres nachvollziehbar, da sich der Umstand, dass die Gründung einer Sonderform der GmbH beabsichtigt sei, bereits hinreichend deutlich aus der nachfolgend wiedergegebenen Firma der Gesellschaft ergibt. Ein schutzwürdiges Interesse, die Gründung einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) durch die hier gewählten Formulierungen im Text der Ziffer 1. des Musterprotokolls nochmals zu betonen, ist für den Senat nicht erkennbar. Umso mehr gelte dies, wenn die gewünschte Formulierung – wie hier – zu eigenwilligen Begriffsschöpfungen führe wie im vorliegenden Fall: "Einpersonen-Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)". Im Ergebnis kam es daher nicht zur gewünschten Eintragung laut Musterprotokoll. Denn sowohl die angepassten Vertretungsregelungen als auch die Wortschöpfung „Einpersonen-Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)" führte zu einer unzulässigen Abweichung vom Musterprotokoll. Da die Gesellschaft die Voraussetzungen einer "normalen" GmbH-Gründung nicht einhalten wollten, unterblieb die Eintragung. II. Hintergrund: Was bringt das Musterprotokoll? Bevor man diese Entscheidung überhaupt verstehen kann, ist zu klären, worum es sich bei der Gründung einer GmbH im vereinfachten Verfahren mittels Musterprotokoll überhaupt handelt. Mit dem § 2 Abs. 1a GmbHG hat der Gesetzgeber die Möglichkeit einer vereinfachten GmbH-Gründung geschaffen. In der Praxis wird bisweilen etwas abfällig von der „GmbH von der Stange“ gesprochen. Zu diesem Zweck findet sich nun nach der GmbH-Reform ein sog. Musterprotokoll beigefügt, das eine besonders schnelle Gründung ermöglichen soll. Ein Vorteil dieser Gründungsweise besteht unter anderem darin, dass bei der Verwendung des Musterprotokolls kein Mindestgegenstandswert von € 25.000 nach § 41d der Kostenordnung für Notare gilt. Die Gründung mittels Musterprotokoll ist für den Gründer kostengünstiger. Weiterer Vorteil ist, dass das Musterprotokoll zugleich eine Gesellschafterliste bzw. einen Gesellschaftsvertrag darstellt und daher eine separate Einreichung beim Handelsregister nicht notwendig ist. Trotz dieser Vorteile hat sich die „vereinfachte Gründungsform“ in der Praxis bislang nicht durchgesetzt. Ob diese daran liegt, dass das Musterprotokoll für Notare keine wesentliche Arbeitserleichterung bietet, kann zunächst dahinstehen. Ein wesentlicher Nachteil des Musterprotokolls ist jedoch vor allem darin zu sehen, dass dieses wesentliche Regelungen eines ordentlichen Gesellschaftsvertrages vermissen lässt. Dies kommt insbesondere bei geplanten Gesellschaften mit mehreren Gesellschaftern zum Tragen. Denn im Musterprotokoll findet sich weder eine Regelung über ein Kündigungsrechts, noch ein Ausschlussrecht einzelner Gesellschafter z.B. in deren Insolvenzfall. Das Musterprotokoll kann höchstens für die Gründung von Gesellschaften mit maximal drei Gesellschaftern und nur einem Geschäftsführer verwendet werden. Letzterer ist ohne weiteres von der Regelung des § 181 BGB befreit. Unmittelbar nach der Gründung können weitere Geschäftsführer bestellt werden, die dann jedoch nur zur Gesamtvertretung berechtigt. Ob letzteres ein Nachteil ist, liegt im Auge des Betrachters. Für eine stets handlungsfähige Geschäftsführung ist eine erforderliche Zustimmung aller Geschäftsführer unter Umständen nicht vorteilhaft. Auf der anderen Seite ist hierdurch selbstverständlich eine maximale Kontrolle einzelner Mitglieder der Geschäftsführung gegeben. III. Die Konsequenzen für Gründer Wer gründet, sollte gemeinsam mit seinen Mitgründern beraten, welche Regelungen im Gesellschaftsvertrag enthalten sein sollten. Hierbei wird schnell zu erkennen sein, dass das Musterprotokoll in seiner Einfachheit schnell an seine Grenzen stoßen wird bzw. lediglich in einfachen Fällen zum Tragen kommen kann. Nicht zu empfehlen ist es, das Musterprotokoll durch abweichende Formulierungen „aufzuwerten“. Die Entscheidung des OLG Düsseldorf zeigt auf eindrucksvolle Weise wie allergisch die Registergerichte auf eine derartige Vorgehensweise reagieren. IV. Fazit: Die lediglich geringe Kostenersparnis in Bezug auf die Beurkundungskosten sollte nicht dazu führen, auf für eine wettbewerbstaugliche GmbH essentielle Regelungen im Gesellschaftsvertrag zu verzichten. Dies kann hinterher im Hinblick auf gesellschaftsinterne Streitigkeiten doppelt teuer werden. Aus anwaltlicher Sicht ist die vereinfachte Gründung mittels Musterprotokoll daher nicht zu empfehlen. Fabian Tietz Rechtsanwalt " |
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