Die Arbeit war beim DZ Bank-Karrierepreis 2003 unter den besten 15 Teilnehmern. <br> Ende 1999 stand der NEMAX All Share bei 4572 Punkten und stieg bis zu seinem dritten Jahrestag am 10.03.2000
auf 8559 Punkte. Diese Kursbewegung war nicht mehr auf die Ver�nderungen der fundamentalen Wirtschaftsdaten zur�ckzuf�hren. Vielmehr hatte sich eine Spekulationsblase gebildet, die sich mit der traditionellen Kapitalmarkttheorie, welche annimmt, dass Wertpapierkurse immer dem zugrunde liegenden Fundamentalwert entsprechen bzw. eng um diesen herum schwanken, kaum erkl�ren l�sst. Der Theorie zufolge entscheiden die homogenen Marktteilnehmer unabh�ngig und lassen sich nur von rationalen
�berlegungen leiten. Auftretendes individuelles Fehlverhalten wird unter der Voraussetzung, dass diese Verhaltensweisen zuf�llig und voneinander unabh�ngig verteilt sind, auf der Gesamtmarktebene ausgeglichen. In einer �bertreibungsphase treten jedoch vermehrt systematische Fehler in der Informationswahrnehmung, der Informationsverarbeitung und im Entscheidungsverhalten der Marktteilnehmer auf. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, die traditionellen Modelle um verhaltenspsychologische
Aspekte zu erweitern. <p> Ziel und Zweck dieser Arbeit ist es, auf die B�rse wirkende psychologische Effekte darzustellen und aufzuzeigen, wie deren Zusammenspiel unter Einbeziehung struktureller und kultureller Faktoren eine mittelfristige B�rsen�bertreibung ausl�sen kann. Diese Faktoren werden exemplarisch am Neuen Markt verdeutlicht und schlie�lich zu einem Modell verdichtet, das die Entstehung der �bertreibungsphase erkl�rt. Basis der Untersuchung sind verhaltenswissenschaftliche
Ans�tze im Spannungsfeld zwischen �konomie und Psychologie, die dazu beitragen k�nnen, extreme Marktphasen besser zu erkl�ren und die in der Forschungsrichtung Behavioral Finance zusammengefasst werden. <p> Die Behavioral Finance geht davon aus, dass Menschen aufgrund zahlreicher physischer, mentaler und neuronaler Beschr�nkungen nur begrenzt rational Handeln k�nnen. Hauptgegenstand sind demzufolge alle Prozesse der Auswahl, Aufnahme und Verarbeitung entscheidungsrelevanter
Informationen, der Erwartungsbildung sowie der nachgelagerten Entscheidungsfindung von Marktteilnehmern. Auch wenn es sich bei der Behavioral Finance um eine noch junge Forschungsrichtung handelt, zeigt die Verleihung des Nobelpreises f�r Wirtschaftswissenschaften 2002 an Daniel Kahneman f�r das Einf�hren von Einsichten aus der psychologischen Forschung in die Wirtschaftswissenschaften, ihre wachsende Bedeutung und Anerkennung. <p> Damit die psychologische Forschung eine sinnvolle
Erg�nzung zu �konomischen Problemstellungen bietet, ist es wichtig zu untersuchen, wie sich psychologische Einzeleffekte auf der Gesamtmarktebene auswirken. Auch in stabilen Marktphasen spielen diese Effekte zwar eine Rolle, es best�tigt sich insoweit allerdings die Annahme der traditionellen Kapitalmarkttheorie, da sich die Effekte mittelfristig eher kompensieren. Um den Ausgleichsmechanismus zu st�ren, bedarf es zun�chst bedeutender struktureller oder kultureller Ver�nderungen, die eine
�bertreibungsphase einleiten k�nnen. Im Falle des Neuen Marktes ist das Internet als zukunftsweisende, jedoch schwer einzusch�tzende Technologie, als Ausl�ser der B�rseneuphorie zu sehen. In den Neuen Markt als B�rsensegment f�r Wachstumswerte setzten die Marktteilnehmer besonders hohe Erwartungen. Gleichzeitig str�mten viele unerfahrene Investoren in dieses Segment, um an der Zukunftsphantasie teilzuhaben. Diese Kombination f�hrte zu hohen Unsicherheiten auf mehreren Ebenen, die es schwer
machten, zuk�nftige Gewinne zu sch�tzen. Dieses Ph�nomen kann leicht eine Spekulationsblase ausl�sen, wie auch schon bei vergangenen Spekulationsblasen zu beobachten war. <p> Diese erh�hten Unsicherheiten und fehlenden Erfahrungswerte aufgrund der neuen Situation f�hren zu einem verst�rkten Auftreten von psychologischen Effekten. Der Anleger vertraut den Versprechungen der Unternehmen und Experten, da er die Situation selbst nicht einsch�tzen kann. Solange die M�rkte optimistisch
bleiben und stetig steigen, baut sich bei den Marktteilnehmern eine Kontrollillusion auf, die sich bei l�ngerem Anhalten der Illusion in einer gelernten Sorglosigkeit festigt. Der Investor glaubt an seine eigenen F�higkeiten und hat das Gef�hl, den Markt zu verstehen und zu kontrollieren. Keiner bem�ht sich um eine genaue Betrachtung und Plausibilit�tspr�fung der zu Grunde liegenden Daten. In dieser Phase erkennen die Investoren die Entstehung eines Scheingebildes nicht, dessen
Glaubw�rdigkeit irgendwann so unterminiert ist, dass es zerbrechen muss. Eine starke Medienpr�senz, aber auch Mundpropaganda beeinflusst die Anlageentscheidung gerade neuer und unerfahrener Investoren, da die scheinbar sicheren Erfolge der anderen an der B�rse das Gef�hl hervorrufen, etwas zu verpassen. Dadurch gelangt immer neue Liquidit�t in den Markt, die den Aufschwung weiter antreibt. Experten, wie Analysten und Investmentbanken, werden in dieser Phase von den psychologischen Effekten
ebenso beeinflusst wie die Privatanleger und schaukeln durch ihre Rolle als Meinungsf�hrer den Optimismus noch weiter auf. W�hrend des Aufschwungs am Neuen Markt lie�en sich die Emissionsbanken von den �bersteigerten Gewinnerwartungen blenden und brachten viele Unternehmen zu fr�h an die B�rse. Ebenso kauften die Privatanleger nahezu alle Werte, die sie bekommen konnten. <p> Die ersten Kursanstiege m�gen durchaus fundamental gerechtfertigt gewesen sein, aber das Zusammentreffen
vieler Faktoren, die f�r sich alleine keine Blase ausmachen k�nnen, l�ste dann im Zusammenspiel mit psychologischen Effekten eine Kettenreaktion aus, die zur Entstehung der Spekulationsblase am Neuen Markt f�hrte. Der Glaube an eine �New Economy�, die bisherige Wirtschaftsgesetze au�er Kraft setzten sollte, in Verbindung mit dem Jahrtausendwechsel, f�hrte zu einer Markteuphorie, die durch ein verst�rktes Interesse der breiten Bev�lkerung und die Notwendigkeit der privaten Altersvorsorge sowie
durch verbesserte Handelsbedingungen weiter verst�rkt wurde. Die Analysten lieferten zus�tzlich immer positivere Prognosen und die Presse berichtete in verst�rktem Ma�e vom B�rsengeschehen, was den Optimismus weiter erh�hte. Diese R�ckkopplungseffekte und psychologischen Einfl�sse, die gleichgerichtet und gleichzeitig auftraten, verst�rkten diese einzelnen Faktoren immer weiter. Der Markt erlebte dadurch keine wesentlichen Korrekturphasen mehr und geriet in einen psychischen und �konomischen
Spannungszustand, der nur durch eine deutliche Kurskorrektur gel�st werden konnte. <p> Insgesamt liefert die Behavioral Finance einen guten Rahmen, um die Entstehung von Spekulationsblasen zu erkl�ren. Allerdings fehlt ihr bis heute ein geschlossenes Konzept, das �ber eine ex post Erkl�rung einzelner Marktentwicklungen hinausgeht. Fraglich ist daher, wie die psychologischen Erkenntnisse f�r die Prognose und Fr�herkennung genutzt werden k�nnen, da sie schwer zu quantifizieren und in
Kennzahlen abzubilden sind. <p> Eine genaue Beobachtung des Marktes auf die dargestellten Auswirkungen der psychologischen Effekte hin und eine Sensibilisierung der Marktteilnehmer hinsichtlich ihrer Wahrnehmungs- und Entscheidungsfehler und der Notwendigkeit diese in ihre �berlegungen miteinzubeziehen, k�nnen jedoch dabei helfen, eine �bertreibungssituation fr�hzeitig zu erkennen. Gerade die Darstellungen in den Medien k�nnen das allgemeine Stimmungsbild gut wiedergeben. Wenn die
Anleger die zyklischen Mechanismen des Marktverhaltens begreifen und die psychologischen Profile bestimmter Marktphasen erkennen, sind sie in der Lage Chancen und Risiken an den Kapitalm�rkten besser einzusch�tzen. <p> Eine disziplinierte Reaktion auf die gewonnenen Erkenntnisse seitens einer Vielzahl von Anlegern, k�nnte zu einem rationaleren Anlageverhalten f�hren, das bei akuten Anzeichen einer �bertreibung helfen sollte, rechtzeitig auszusteigen, die Wahrheit zu erfassen und
keine Informationen zu besch�nigen. Dies k�nnte einen Schritt in Richtung einer verbesserten Markteffizienz bedeuten. |